Der Hundeskanzler
Beim morgendlichen Blick in ihre Lieblingszeitung blieb heute Enzo das Frühstücks-Leckerli im Kurzhals stecken, Herrchen verschluckte sich am Aufwachkaffee: „Wenn es stimmt, was die Industrie behauptet, dann erlebt das Land einen beispiellosen Hunde-Boom. Woran liegt das?“, steht auf der Dritten Seite. Und gleich wird Hund und Herrchen klar: Sie sind auch Trendsetter.
Tatsächlich finden sie sich in dem Artikel wieder. Den „Fressnapf“ kennen sie auch schon von innen, bei der Hundeschule gab‘s die ersten Unterrichtseinheiten, und den Satz „Tiere tun den Menschen
gut“ können beide bedenkenlos unterschreiben.
Enzo wird damit klar, warum er beim Gassigehen in letzter Zeit
immer wieder neue Kumpels kennengelernt hat — Edgar und Henry, die beiden Frenchies aus der Nachbarschaft, Frieda aus der Hundeschule, den Riesen Leopold von nebenan. Plus die jeweiligen Frauchen
und Herrchen und eine Vielzahl anderer potenzieller „Dosenöffner“, die mit spitzen „Ooooh-ist-der-süüüüß“-Rufen auf die Gassigeher zustürzen.
Ja, Enzo lebt in der Hundesrepublik Deutschland. Und weil er
ein intelligenter Hund ist, hat er natürlich gleich seine Entwicklungschancen ausgelotet und einen Entschluss gefasst: „Ich werde Hundeskanzler!“ Dass er die Regierungsgewalt übernehmen kann, hat
er zuhause ja schon bewiesen. Es wird gemacht, was Enzo bellt. Seine Diäten sind gesichert, sogar seine Diät. Und seinen Regierungssitz auf Herrchens Sofa macht ihm auch schon lange niemand mehr
streitig.
Mit dem Wahlkampf (dieses Wort mag Enzo eigentlich nicht, er
denkt lieber mit schief gelegtem Kopf an eine Charmeoffensive) will er heute schon beginnen. Nun gut, den Bayerischen Defiliermarsch wie gestern in Kaufering dem Söder werden sie wohl nicht
spielen, wenn Enzo das Parkett betrifft. Aber der Frenchie von Welt tritt ja auch nicht im Bierzelt auf, sondern beim Weinhändler von Herrchens Vertrauen, der ihm heute Abend ein
geeignetes Forum organisiert hat. Enzo will es nutzen.
Fortsetzung folgt.
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