Finalmente sole!
Ein offenes Wort zum Anfang: Die Telefonate mit dem (also zuhause) zurückgebliebenen Frauchen fanden Enzo und ich gestern alles andere als aufbauend. Schon Sch..., wenn man von 28
GradundSonnenschein hören muss, während gleichzeitig bei 12 Grad der Landregen aufs Häuschen im Weinberg prasselt und beim Lesen in der Küche langsam die Kälte an den Beinen hochkriecht.
Der Hund und ich haben uns arrangiert. Er mit Schlafen, überwiegend. Und ich habe mich auf die alte, piemontesische Weisheit besonnen, dass sich Sauwetter in einem Weinkeller noch immer am besten
ertragen lässt. Was folgt daraus? Richtig! Ein Besuch in Ciotto, frazione Annunciata, La Morra, prov. Cuneo, reg. Piemonte, Italia, Europa, terra, sistema solare... Nadia versteht den Gag — und die haben wir besucht.
Natürlich ist das Barolo-Girl (in Anspielung auf ihren Onkel, den „Barolo boy“ Elio Altare) auch an diesem Regenmontag guter
Laune, wie immer. Aber Sorgen macht sie sich. Der piemontesische Dauerregen hat den Boden aufgeweicht. Mit Maschinen kommt man nicht auf den Weinberg, selbst die kettengetriebenen Schlepper, die
sonst Steilhänge erklettern, rutschen weg. Nadia, die nachhaltig biologisch arbeitet und eigentlich rund 20 Mal schon Pflegemaßnahmen hätte vornehmen müssen, hat es gerade sechs Mal geschafft,
den Reben und dem Terroir auf die Sprünge zu helfen.
In der omnipräsenten Feuchtigkeit gedeiht vor allem eines gut: Die Pilze, die die Rebstöcke befallen können. Manche haben eine Inkubations- bzw. Nachweiszeit von zwei Wochen. Und einige lassen
sich nur mit „Bio“ nicht bekämpfen. Nadia, die nachhaltig biologisch wirtschaftet, lebt daher in der ständigen Unsicherheit, ob sie nicht doch den Chemiebaukasten wieder auspacken muss, den sie
seinerzeit in der Weinbauschule zurückgelassen hat. Erinnerungen an das Jahr 2014 werden wach — ein Jahr mit Dauerregen, wenig Sonnenstunden selbst in den besten Lagen und großen Verlusten durch
Frost und Stürme. Es soll ein etwas flacher Barolo geworden sein in jenem Jahr. Der 2014er kommt gerade in diesen Tagen (nach den gesetzlich geregelten Lager- und Reifezeiten) auf den Markt. Enzo
und ich werden uns heute in der Enoteca del Barolo im castello
Falletti mit dem Jahrgang vertraut machen. Über 120 Baroli stehen dort heute zur Verkostung, und wir sind dabei!
Nadia muss irgendwann wieder arbeiten, Enzo und ich müssen was (fr)essen. Wir kaufen ein. Diesmal nicht im legendären Langa Market. Der
Super-Markt, in dem es auf gefühlt 100 Quadratmetern alles gibt (von der Kirschtomate über eine sternewürdige Weinauswahl bis hin zur Unterhose) hat am Montag nachmittags zu. Wir fallen in
Castiglione Falletto in einen Riesen-Supermarkt ein und verlassen ihn mit Hühnerbrust samt Zubehör. Nur um Zuhause dann festzustellen, dass jemand sämtliche Gewürze mit Ausnahme von etwas
alterndem Pfeffer aus der Küche entsorgt hat. Nun muss sich der alte Lafer-Spruch „Alle Köche sind beschissen, die sich nicht zu helfen wissen!“ bewähren. Lorbeer, Salbei und Rosmarin wachsen ums
Haus herum. Etwas Sauerampfer auch. Also: Huhn in Olivenöl anbraten, mit dem zu nachmittäglichen Aperitifzwecken beschafften Nas-cetta löschen (drei Gläser in den Topf, ein Glas in den Koch). Das
Salz ersetzt etwas gekörnte Brühe (eh immer zu salzig, das Zeug!), Kirschtomaten und Kartoffelwürfelchen dazu und 20 Minuten köcheln. Das Ergebnis ist — Eigenlob stinkt zwar, ist aber hier
angebracht — phänomenal. Und Enzo ist auch zufrieden, weil er die in der Pfanne schnell angerösteten Parüren kriegt. Dazu fließt (für mich, nicht den Hund) der Dolcetto. Der Abend endet früh, die
Bettlektüre bleibt kurz.
Der Lohn der Häuslichkeit erwartet uns am Morgen. Zwar scheint die Morgensonne nur auf eine Dolcetto-Restpfütze (in der auch noch drei tote Fliegen treiben, sodass ich sie wegschütten muss), aber
— sie scheint. Hell. Schön. Warm. Piemonte at it‘s best. Das wird ein schöner Tag: Cuneo und Barolo warten.
Fortsetzung folgt.
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Micha (Dienstag, 05 Juni 2018 14:15)
Schön geschrieben! Ich hab bei meiner Weinreise durch das Elbtal zwischen Meißen und Dresden heute die „Sächsische Keule“ kennengelernt. Diese ist nicht etwa mit der zuvergleichen, die manch ein Trunkenbold, beim Verlassen eines Lokals verspürt, sondern eine regionale Flaschenform, welche den Bowling-Kegeln ähnelt und erst seit ein paar Jahren wieder produziert und verwendet wird. Sie wird wohl ein Markenzeichen werden, wie der Boxbeutel für Franken...
Ach.....und Weine können sie hier auch richtig gut keltern! Wir werden einige probieren, lieber Dieter!
Dieter Mitulla (Dienstag, 05 Juni 2018 14:27)
Dann lass‘ uns mal die Keulen schwingen! :-)
Enzo (Dienstag, 05 Juni 2018 14:28)
Herrchen muss sich aber etwas mäßigen nach dem vielen Barolo, wuff!