Verkehrspolitik

Autofreie Innenstadt, autofreie Altstadt. Augsburgs Verkehrspolitik steuert in eine Sackgasse. (Foto: visitaugsburg.eu, Montage: mti)
Autofreie Innenstadt, autofreie Altstadt. Augsburgs Verkehrspolitik steuert in eine Sackgasse. (Foto: visitaugsburg.eu, Montage: mti)

Mit Vollgas in die Sackgasse

Warum nur beschleicht mich bei der Lektüre des "Koalitionsvertrages", den CSU und Grüne jetzt in Augsburg abgeschlossen haben, nur so ein beklemmendes Gefühl? Weil ich fürchte, dass die Stadt verkehrspolitisch mit Vollgas in die Sackgasse gesteuert werden soll.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Kein Mensch trauert heutzutage mehr dem (Alp-)Traum von der „autogerechten Stadt" hinterher, der in den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geträumt wurde. Man muss sich nur Städte ansehen, in denen diese Ideologie ausgelebt wurde. Möchte man da leben? Eher nicht.

In Augsburg ist man von jeher einen vernünftigen Weg gegangen, der erstmal in den 1970-er Jahren mit dem Gesamtverkehrsplan eingeschlagen wurde: Ausbau des Nahverkehrs, Schaffung eines Radwegenetzes, aber auch Bau der Tangenten und Ertüchtigung von Straßen war darin vorgesehen. Vieles ist auch passiert. Viel Durchgangsverkehr wurde auf große Hauptstraßen verlegt, Wohnquartiere verkehrsberuhigt, Parkraum bewirtschaftet...

Was der Stadtrat in dieser Hinsicht beschlossen hat, ging insbesondere einer "grünen" Klientel von jeher nicht weit genug. Deren Ideologie, in der das Auto als individuelles Verkehrsmittel zum Gottseibeiuns der Mobilität stilisiert wird, mogelte sich in den letzten Jahren zunehmend durch die Hintertür in die Stadtgesellschaft. Einige Beispiele: Die Einführung angeblich intelligenter Ampelschaltungen führte in einigen Bereichen dazu, dass der Individualverkehr an jeder, aber wirklich jeder Ampel im Straßenverlauf gestoppt wird. Wartet. Wieder anfährt. Gestoppt wird. Und so weiter. Dass dabei wesentlich mehr Lärm, Staub und Abgase entstehen als bei einem vielleicht langsam, aber dennoch kontinuierlich rollenden Verkehr, leuchtet wohl jedem ein. Das folgende Lamento über Luftqualität und Feinstaubbelastung gibt aber immerhin einen willkommenen Anlass, weitere Beschränkungen zu rechtfertigen.

Ein weiteres Beispiel aus dem Fortsetzungsroman der unterschwelligen Autofeindlichkeit: die Wertstoffsammlung. Es ist ja schön, dass die Zahl der Containerstandorte im Stadtgebiet enorm angewachsen ist. Nur: Die meisten von ihnen sind mit dem Auto nicht anfahrbar, weil sie in Bereichen mit absolutem Halteverbot liegen. Nun aber Hand aufs Herz: Wer latscht jedesmal mit drei Flaschen und zwei abgelegten Klamotten eigens zum Container? Der Lebenswirklichkeit entspricht wohl eher, Wertstoffmüll eine Zeitlang zuhause zu sammeln und dann wegzubringen, und zwar mit dem Auto, denn das Zeug ist schwer.

In Diskussionen im Bekanntenkreis kommt spätestens jetzt das Argument, das könne man ja auch mit dem Fahrrad, am besten einem Lastenrad als Zweitwagenersetz, erledigen. Das mag stimmen. Wenn man jung, halbwegs fit und gesund ist. Nun gehört aber auch zur Lebenswirklichkeit, dass das Durchschnittsalter der Augsburger steigt und steigt. Ich bewundere ja die Menschen, die, am besten noch mit zwei Kinden im Schlepptau, eines dieser Lastenradungetüme durch die Gegend steuern. Ganz ehrlich: Ich könnte das nicht, sondern würde wohl, meinen Gleichgewichtsstörungen geschuldet, das Ding schnurstracks ans nächste Straßenbegleitgrün (vulgo: Baum) setzen. 

Tatsächlich gehört das Fahrrad, ebenso wie das Zu-Fuß-Gehen, ebenso zu meinem Verkehrsmix wie das Auto. Das wird zwar Zug um Zug weniger bewegt, weil der Arzt mir 10.000 Schritte am Tag anempfohlen hat und sowohl Enzo als auch die beste denkbare Ehefrau die Erfüllung dieser Empfehlung einfordern. Aber auf das Auto verzichten? Nein.

So, und nun lese ich, dass die Altstadt und die Maximilianstraße zur Anliegerzone gemacht werden sollen. Super! Festzuhalten dabei ist, dass die schon der Kompromiss ist: Die Grünen, die jetzt zweitstärkste Kraft im Rathaus sind, wollten die Gleichberechtigung der Verkehrsmittel abschaffen. Sie haben sich damit zwar nicht durchsetzen können. Aber schon das, was bleibt, reicht aus, um schaudernd in Augsburgs Mobilitätszukunft zu blicken.

Man gestatte mir etwas Sarkasmus: Als Fußgänger habe ich künftig viel mehr Platz, um Enzo und mich vor radelnden Rowdys in Sicherheit zu bringen. Meine Freunde mit Wohnsitz in Alt- und Innenstadt besuche ich dann nur noch, solange ich noch gut zu Fuß bin. Zu mir kommen sie eh nicht mehr, denn wir werden jetzt Anwohnerparkzone -- natürlich ohne Parkflächen für Besucher. Und einkaufen? Werde ich wohl künftig in der Citygalerie oder in Friedberg. Schönes Städtchen das: mit einem netten Parkplatzangebot zu halbwegs tolerablen Gebühren. Und wenn wir dort im Café sitzen, Enzo und ich, dann können wir ja in Ruhe und Frieden lesen, was die Lieblingszeitung über Ladensterben und die verödete Augsburger Innenstadt so schreibt.

Nun: Sarkasmus wieder aus! Ob dieser Blogbeitrag nur ein pessimistischer Unkenruf oder doch eher ein prophetischer Blick in die Zukunft ist, wird sich schon bald zeigen.

Fortsetzung folgt.

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