Ein Pieks, der Sorgen vertreibt
Die Corona-Pandemie hat ja vieles hervorgebracht. Zum Beispiel das Wort „Impfneid“. Den möchte ich nun keineswegs erzeugen, wenn ich hier – erleichtert und erfreut – verkünde: Ich bin geimpft worden. Am 23. März habe ich die erste Dosis des Biotech-Impfstoffes bekommen, Anfang Mai folgt die zweite Stufe der Immunisierung. Warum schreibe ich das? Weil ich den Menschen Bedenken und Angst vor dem kleinen Pieks, der Leben rettet, nehmen möchte.
Nun muss man leider sagen, dass der Weg zur Impfung – auch wenn man wie ich zur Risikogruppe 2 zählt – nicht ganz ohne Fallstricke ist. Das fängt schon bei dem bayerischen Impfportal an. Ich habe mich am ersten Tag, als dies möglich war, dort registriert – mit allen notwenigen Angaben zu meinen Vorerkrankungen, die mich für die Priorität 2 „qualifizieren“ sollten. So war es auch, und das wurde auf der Bildschirmausgabe bestätigt.
Allerdings scheint man nach Inbetriebnahme an der Software noch herumgeschraubt zu haben. Und wie es bei IT-Updates an der Tagesordnung ist, wurde dabei wohl einiges verschlimmbessert: Als ich Mitte März dann mal meinen Account checkte, war von Priorisierung nichts mehr zu finden. Also zurück auf Start.
Dann lief es allerdings fix. Binnen zwei Tagen erhielt ich einen Terminvorschlag. Aber auch hier gibt es wieder Fallstricke. Neben Impfpass (hatte ich natürlich verlegt, ich habe beim Suchen – s’Haus verliert nix! – aber immerhin noch mein Bundeswehr-Impfbuch von 1978 gefunden) und Personalausweis wird auch ein Nachweis der Vorerkrankungen verlangt. Den sollte man sich, falls man zur Zielgruppe gehört, rechtzeitig besorgen. Sonst ist der Impftermin wieder futsch.
Am 23. März war es dann für mich so weit. Es mag kindisch klingen, aber in der Nacht vor „dem“ Tag habe ich kaum geschlafen. Zur Impfung mit dem Biontech-Serum fuhr ich mit der Tram. Weil man ja nicht wissen kann, wie fahrtauglich man nach der Impfung noch ist. Viel zu früh, wie so viele, kam ich aber nicht an, sondern „just in time“, weil ich am Roten Tor meine Anschlusstram der Linie 3 von achtern betrachten durfte. Danke, VAG! Man kann übrigens auch gut mit dem eigenen PKW zur Impfung fahren. Kostenlose Parkplätze gibt es am Impfzentrum (was in Augsburg gar nicht zu erwarten ist) in Hülle und Fülle.
Ist man erst mal an der Haltestelle Fujitsu angekommen, wechselt man von der Gegenwart bundesdeutschen Organisationsversagens in eine schon vergessen geglaubte Welt der Perfektion. Schon der Weg ist so ausgeschildert, dass ihn auch die größte Dummtorte nicht verfehlen kann. Und von der Einlasskontrolle an bewegt man sich in einem Universum von zugewandter Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, gepaart mit Humor. Es reicht, nur einmal kurz stehen zu bleiben, und schon fragt eine der Helferinnen im blauen Bäuerle-Ambulanz-Shirt, ob man Hilfe brauche. Beispiel: bei der Registrierung. Ich hätte natürlich meinen Erfassungsbogen schon zuhause ausfüllen und unterschreiben können. Habe ich aber verschusselt. Zitat der freundlichen Helferin: „Ach, kein Problem, das mache ich gerne für Sie. Nur unterschreiben müssen Sie selber. Da müsste ich zu lange üben.“ Danach bekomme ich meine Nummer.
In einem Warteraum starrt man dann auf dem Bildschirm, auf dem die Nummern aufgerufen werden und ist wieder mitten in der Augschburger Welt. Hinter mir sitzt ein Ehepaar in den Siebzigern. Die Frau kommentiert jeden neuen Aufruf mit einer grässlichen Piepsstimme: „1023. Jetzt haben wir nur noch elf vor uns.“ Ihr Mann sagt nichts. Er macht schon den Eindruck, auch selbst lesen zu können, aber irgendwie scheint er Kummer gewohnt...
Als ich selbst an der Reihe bin, bekomme ich live einen Eindruck davon, wie verantwortungsvoll mit dem knappen Impfstoff umgegangen wird. Der Impfarzt dort hat – es ist kurz vor Schluss an diesem Tag – nur noch eine Dosis für die Patientin vor mir: „Wir müssen noch eine Ampulle aufmachen.“ Die Antwort, die er bekommt, ist lustig: „Heute machen wir nur noch das Feierabendbier auf.“ Ich werde an einen anderen Platz umgesetzt. Da klappt es dann mit der Impfung.
Die ist unspektakulär. Ein Arzt führt ein kurzes Gespräch mit Pflichtfragen (Allergien? Erkältung? Coronaerkrankung?), eine MTA desinfiziert die geplante Einstichstelle am Oberarm. Der Arzt füllt Impfbestätigung und Terminzettel für die zweite Immunisierung aus. Ich warte auf der Stich, frage schließlich danach und ernte Lachen: „Schon passiert!“ Ich habe es nicht einmal bemerkt.
Danach soll ich noch eine Viertelstunde in einem Wartebereich verbringen, um mögliche ungewollte Reaktionen auf die Impfung auszuschließen. Als nach zehn Minuten jedoch das Pieps-Ehepaar auftaucht, verkürze ich eigenmächtig die Wartezeit und gehe nach Hause.
Nebenwirkungen oder Folgen der Impfung spüre ich – nicht. Die Einstichstelle ist, wie nach jeder Injektion, leicht gereizt. Außerdem bin ich am Abend sakrisch müde, in der Nacht schlafe ich achteinhalb Stunden am Stück – ein persönlicher Rekordwert, normalerweise reichen mir fünf Stunden.
Abschließend noch ein Fazit: Leute, lasst euch impfen! Es ist einfach, tut nicht weh und die Helfer im Impfzentrum machen einen Super-Job. Auf den zweiten Termin freue ich mich geradezu.
Fortsetzung folgt.
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