Die öde Zukunft der City
Nein, das Gejammer der Augsburger Geschäftswelt kann ich wirklich nicht mehr hören. Ja, unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen und Schließungen haben auch die Händler leiden müssen. Aber noch mehr werden sie – glaube ich zumindest – unter ihrer eigenen Beschränktheit leiden. Alle jammern, dass während Corona die Kunden das Bestellen im Netz gelernt haben und in Scharen zu Internethandelshäusern abgewandert sind. Aber wer sich die Klagen zu Herzen nimmt und tatsächlich „den Klick in seiner Stadt lassen“ will, landet doch wieder im Netz. Weil ihn der Handel da hinschickt.
Ein Beispiel: Der heimische Farbdrucker meldet Nachfüllbedarf an. Nun wäre es sehr einfach, das Patronenbedürfnis des Geräts zu stillen. Einfach den angebotenen Link anklicken, mit Kreditkarte oder PayPal zahlen, und ein paar Tage später wird das Zeug ins Haus geliefert. Zu einem Preis übrigens, der sich sehen lassen kann. Als verantwortungsvoller Mensch, der seit Wochen von seiner Lieblingszeitung mit dem Wehklagen des Handels dauerberieselt wird, möchte ich natürlich mit meinem Einkauf auch Gutes tun und fahre los.
Station 1 – ein Elektrofachmarkt. Dort habe ich das Gerät gekauft und nehme daher an, auch Zubehör und Verbrauchsmaterialien dort zu bekommen. Suche in den Regalen – Fehlanzeige. Nachfrage beim Personal – der erste Verkäufer ist „nicht zuständig“, der zweite „kann im System nichts finden“ und verweist nach langem Tatstaturgeklimper auf den dritten Kollegen. Der weiß nach ein paar Minuten, dass die benötigten Kartuschen „in ein bis zwei Wochen“ wieder verfügbar seien. Auf die Idee, in seinem Computer nachzusehen, ob die Ware vielleicht in einer zweiten Filiale in Augsburg vorhanden sei, kommt er nicht. Ich aber, und er sieht nach tiefem Durchatmen nach. Selbes Ergebnis. Ich ziehe zur Konkurrenz weiter.
Station 2 – auch ein Elektrofachmarkt, der allerdings gar keine richtige Konkurrenz ist, da er zum selben Konzern gehört. Geiz ist dort vielleicht geil, aber nicht das Angebot: Fehlanzeige bei den Druckerpatronen.
Station 3 – ein Elektrofachmarkt unter regionaler Führung. Um es kurz zu machen: Man war dort freundlicher, hatte aber auch keine Nachfüllung für meinen Drucker – übrigens ein sehr verbreitetes Profi-Office-Gerät – vorrätig. Rat des Verkäufers: „Wir können es Ihnen ja bestellen, dann können Sie es in einer Woche abholen." Will ich aber nicht und ziehe weiter.
Station 4 – ein Bürofachmarkt eines lokalen Unternehmens. „Alles fürs Büro“ lautet der Slogan auf den Werbetafeln am Eingang – außer Druckerpatronen, versteht sich. Eine Verkäuferin klärt mich auf: „Wissen Sie, da gibt es so viele Modelle und Varianten, die wollen wir nicht alle vorrätig halten. Bestellen Sie's halt im Internet.“
Versehen mit diesem guten Ratschlag kehre ich nach Hause zurück, drücke aufs Bestellknöpfchen in der Druckersoftware, und zwei Tage später liefert der der Paketbote meine Druckerkartuschen ins Haus. Versandkostenfrei, mit kostenlosem Recycling-Gutschein für die verbrauchten Kartuschen, preislich sogar ein paar Euro günstiger als die Händler vor Ort.
Was ist die Moral aus der Geschichte? Der Slogan „Lass' den Klick in deiner Stadt" ist für mich als das entlarvt, was er von Anfang an war: hohles PR-Geschwätz.
Und was ist die Moral für die Zukunft des Augsburger Handels? Wer einmal einen Kunden ans Internet verloren hat, wird ihn nur dann wieder zurückbekommen, wenn er mit Service punktet. Es sieht also schlecht aus für den Augsburger Handel. Und damit auch für die Innenstadt. Denn obwohl sich Interessenvertreter, Politiker und Geschäftsleute den Mund fusselig quatschen über „Aufenthaltsqualität“, „Einkaufserlebnis“ und „Attraktivität“ – die Augsburger Innenstadt wird veröden oder zu einem Gastronomie-Disneyland mit Elias-Holl-Rathaus und Kettenkarussell werden, in dem geschickt mit Pop-up-Stores kaschierte Leerstände dominieren. Man kann getrost mutmaßen, dass Corona diese Entwicklung nicht hervorgerufen, sondern nur beschleunigt hat. Und dass die Augsburger Politik zu dieser Beschleunigung auch noch beiträgt, indem sie auch Hauptzufahrtsstraßen zum Bummelzonen erklärt, Parkplätze weiter streicht und die noch vorhandenen weiter verteuert; die dem Götzen Fahrrad noch mehr als bisher kniefällig huldigt und dabei vergisst, dass man mit dem Rad vielleicht die gekauften Krautköpfe nach Hause schaffen kann, nicht aber einen Fernseher oder eine Waschmaschine. Und dass die immer zahlreicher werdenden Senioren halt doch lieber in ein Auto als auf ein hippes Lastenfahrrad steigen.
Augsburger Innenstadt – deine Zukunft ist düster!
Fortsetzung folgt.
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Lotta, ein Hund in Augsburg (Mittwoch, 21 Juli 2021 15:34)
Hmmm.... wer braucht denn in Zeiten des papierfreien Büros noch Druckerpatronen*innen, die obendrein vermutlich Unmegen von CO2 erzeugen? Außerdem kann es durchaus als rassitisches Verhalten ausgelegt werden, eine eher freizeitorientierte Fachkraft ohne Fachwissen und mutmaßlichem Migrationshintergrund mit einem Auftrag zu bedrohen. Zumindest die Bereitschaft eventuell eine Bestellung auszuführen lässt doch etwas Hoffnung aufkeimen.
Elektrofachmarkt ??? oder Laden mit Elektrozeug. Der gehört zu einer Kette, die meist kostenfrei mit DHL in 1 - 2 Tagen aus Ingolstadt anliefert. Warum dann in deren Tempel pilgern und sich sich rumärgern. Kühlschrank oder Spülmaschine kaputt? Diese Geräte haben für mich einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden. Folglich kaufe ich die Sachen beim wahrhaftigen Fachbetrieb (Riga) und habe dort in Lechhhausen mit geringfügigen Mehrkosten auch einen guten / stabilen Service. Ach ja, die Parkplatzsuche erspart man sich auch.