Elektromobilität

Die Anzahl von reinen Elektroautos und Hybriden ist in Augsburg stark angestiegen. (Foto: Werner Hillebrand-Hansen, Wikimedia)
Die Anzahl von reinen Elektroautos und Hybriden ist in Augsburg stark angestiegen. (Foto: Werner Hillebrand-Hansen, Wikimedia)

Verkehrswende mit Scheuklappen

Eigentlich hätte es ja eine positive Nachricht sein können, was meine Lieblingszeitung da in der Donnerstagsausgabe zum Aufmacher erhob: Die Zulassungszahlen im Bereich E-Mobilität steigen konstant an, sowohl bei Fahrzeugen mit Hybridantrieb, als auch bei reinen „Stromern“. Hätte, wenn da nicht ein Kommentar des ansonsten von mir sehr geschätzten Kollegen Stefan Krog daneben. gestanden wäre und hätte sich Krog nicht inhaltlich dem städtischen Umweltreferenten Reiner Erben (Grüne) in einem Maß angeschlossen, das nicht so ohne weiteres nachvollziehbar ist: Beide reden nämlich einer Reduzierung des Autoverkehrs um 50 Prozent bis zum Jahr 2040 das Wort.

Mit etwas gutem Willen und einem gerüttelt Maß an Leidensfähigkeit könnte man diesem Ziel ja noch zustimmen, ginge es darum, Benzin- und dieselgetriebene Fahrzeuge aus der Kernstadt herauszuhalten. Nur: Warum in Dreigretas Namen sollen auch die Fahrer von reinen E-Autos bluten. Sie haben immerhin mit erheblichem persönlichem Aufwand dafür investiert, emissionsfrei auch in der Stadt unterwegs sein zu dürfen, Mobilitätsschikanen zu entgehen und sich so etwas persönliche Freiheit zu erhalten.

In dem Artikel wird die Mär von den Emissionen, die halt dann andernorts entstehen, weiter transportiert. Doch sie ist zumindest in Teilen falsch: Wer sein E-Auto mit Strom aus regenerativen Energien lädt – was in Augsburg mithilfe der Stadtwerke und ihrem Regenio-Tarif ohne weiteres möglich ist – fährt tatsächlich emissionsfrei. Das gilt freilich nicht für Hybridfahrzeuge, die klimatechnisch  aber eh ein Irrweg für Dienstfahrzeug-Spesenritter sind.

Wäre irgendwer in der Augsburger Stadtführung wirklich daran interessiert, Individualverkehr emissionsfrei zu gestalten, dann müsste die Verkehrspolitik etwas anders aussehen: Straßen müssten für emittierende Fahrzeuge gesperrt, für emissionsfreie Kfz aber weiter frei befahrbar sein. Zusätzlich müsste natürlich auch Ladeinfrastruktur für die immer zahlreicher werdenden Stromer in ausreichendem Maße geschaffen werden. Nicht jeder kann schließlich in seiner heimischen Garage laden.

Worum es der Stadtpolitik aber wirklich geht, kommt in anderen Entscheidungen deutlich zum Vorschein: Es geht darum, individuelle Mobilität einzuschränken zugunsten einer gleichmacherischen (Verkehrs-)Planwirtschaft – ein System, das sich in der jüngsten deutschen Geschichte nun nicht gerade als erfolgreich erwiesen hat.

Beispiele: Bei neuen Bebauungsplänen soll künftig die Zahl der pro Wohneinheit vorgeschriebenen Pkw-Stellplätze heruntergefahren werden. Die Planer geben sich dabei der Illusion hin, Menschen, die in solche Gebiete umziehen, würden sich gar nicht erst einen Pkw anschaffen. „Träumt weiter!“ möchte man diesen Strategen mit auf den Weg geben. Denn die Zulassungszahlen für Kraftfahrzeuge steigen weiter. Nur stehen sie dann halt auf der Straße herum.  

Dazu „passend“ erfolgt die Entscheidung, immer mehr der raren Parkplätze in der City wegzustreichen. Das kommt zum einen dem neuen Götzen Fahrrad zugute, zum anderen der angeblichen Steigerung einer „Aufenthaltsqualität“ in einer Stadt, die man vielleicht noch anfahren kann, dann aber mangels Stellplatz auch gleich wieder verlassen muss. Wer das nicht tut, bessert dann wenigstens via Strafzettel eine Stadtkasse auf, aus der die autofeindlichen Macher dann die Gutachten für weitere Narreteien großzügig finanzieren können.

Schon bei der Beratung der Stellplatz-Berechnungsschlüssel gab es in der sogenannten „Regierungskoalition“ aus Schwarz und Grün im Rathaus vernehmliches Gegrummel. Vor allem Stadträten der CSU gingen die Zugeständnisse an die Öko-Fraktion zu weit. Und auch in der Bevölkerung wächst der Widerstand: Für die Senioren, die sich jüngst darum sorgten, wie sie mangels Parkmöglichkeiten noch ihre Grabpflegeutensilien zum Hermanfriedhof schaffen sollen, klangen die „Ratschläge“, Werkzeuge, Erde und Pflanzen mit ÖPNV oder Lastenrad zu transportieren, weniger hilfreich als vielmehr zynisch.

Der CSU, die ohnehin schon landesweit in den Umfragen ein Problem hat, dürfte zudem auch innerparteilich Ungemach drohen: Aus Unzufriedenheit mit dem im Rathaus gefahrenen Kurs steht der CSU eine erneute Spaltung ins Haus: „Zuletzt zeichnete sich auch die Gründung eines Vereins ab (Arbeitstitel „Augsburger Mitte“), dem die schwarz-grüne Verkehrspolitik nicht behagt. Designierter Vorsitzender ist CSU-Mitglied Michael Fäustlin", berichtet die Augsburger Allgemeine im Lokalteil. Wie viele mögliche Interessenten es für eine Vereinsmitgliedschaft gibt, sagte Fäustlin laut AZ nicht: Man registriere aber Zuspruch aus innenstadtnahen Vierteln. Viele Interessenten finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder, so Fäustlin. Verkehrspolitik könne nur so laufen, dass alle Verkehrsmittel berücksichtigt werden. 

Während die eine Seite bei der CSU nun mobil macht, kommt eine weitere Verschärfung des Kampfes um die Verkehrspolitik auch von den sogenannten Aktivisten des Radfahrer-Bürgerbegehrens: Sie glauben, über den Tisch gezogen worden zu sein und erwägen, ihr auf Eis gelegtes Bürgerbegehen wieder zu aktivieren.

Das dürfte den Grünen, deren Forderung sich traditionell mit denen der Radlerlobby decken, zwar nicht schaden. Die auf dem brüchigen Fundament von ein paar Posten für Realo-Grüne gegründete Rathauskoalition könnte aber gewaltig ins Wackeln kommen. Dass das schwarz-grüne Zweckbündnis die gesamte Wahlperiode von sechs Jahren übersteht, rückt zusehends in Zweifel. Ein Scheitern von Eva Webers Experiment, die Stadtpolitik zusammen mit den Grünen zu wuppen, rückt in greifbare Nähe. Und von einer eventuellen Wiederwahl der ersten Augsburger Oberbürgermeisterin wollen wir erst mal gar nicht reden.

Fortsetzung folgt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Lotta (Sonntag, 12 Dezember 2021 21:21)

    Hallo Dieter & Enzo!!!!
    Wieder einmal ein toller Artikel, den man in den Medien leider so treffend nicht bekommt.

    Grüße - Lotta