Ganz kurz gesprungen
Die Nachricht in meiner Lieblingszeitung ließ mich aufmerken: Die Augsburger Localbahn biete der Stadt einen derzeit nicht mehr benötigten Teil ihres Gleisnetzes der Stadt Augsburg zum Kauf an, hieß es in dem Artikel. Dort stand auch, was Baureferent Gerd Merkle (CSU) mit den Gleisanlagen machen würde: „...ein Zugriff auf Trassen der Localbahn würde stadtplanerisch neue Chancen bieten. Denkbar sei, so Platz für Fahrradschnellwege zu gewinnen. Merkle brachte aber auch einen Personenverkehr auf der Localbahn ins Spiel.“ Und warum das alles? Merkle warb im Bauausschuss für eine Teilnahme von Augsburg an der Internationalen Bauausstellung (IBA) in der Metropolregion München im Jahr 2032 unter dem Motto „Räume der Mobilität“. Anders als der Name vermuten lässt, bestehen die Internationalen Bauausstellungen nicht aus Präsentationen auf Messegeländen, sondern aus Realprojekten in Städten und Regionen, die Impulse geben sollen, heißt es in der AZ weiter. Mögliche Schnittstellen für Augsburg sehe die Stadt bei dem Mobilitätsmotto in Projekten für autonomes Fahren, einer Schnellbahn entlang der A8 nach München bis hin zur Frage, wie die Karlstraße oder Hauptstraßen in Stadtteilen ihre Barrierewirkung verlieren könnten. Und eben auch ein Radwegschnellnetz in die Region könnte ein Thema sein.
Fein gedacht, könnte man nun sagen und die Stadt und ihren Baureferenten loben. Doch bei näherer Betrachtung erscheint der „Gleise-zu-Radwegen-Plan“ schon arg kurz gesprungen. Die IBA 2032 soll zehn Jahre laufen. Sie ist die erste ihrer Art, die explizit Mobilität in den Mittelpunkt stellt, die Trägerschaft soll vornehmlich in den Händen der Kommunen liegen. „Sie bildet damit den gemeinsamen Gestaltungswillen und die Innovationskraft der Städte, Landkreise und Gemeinden in der Metropolregion München ab", heißt es in der Beschreibung der IBA.
Eine IBA ist nicht mit einer traditionellen Baumesse vergleichbar. Diese ist meist auf einen engen Zeitraum begrenzt. Im Gegensatz dazu werden in einem definierten längeren Zeitraum neue Ideen und Projekte umgesetzt, die einen Wandel herbeiführen sollen. Im aktuellen Fall ist das die Mobilität. Mit den Werkzeugen der Stadt- und Raumentwicklung solle gezeigt werden, wie der Mobilitätswandel gestaltet werden könne. Und da fällt den Augsburgern nur das Fahrrad ein?
Weitaus zukunftsträchtiger, innovativer und vermutlich auch sinnvoller wäre es, sich mit dem Nahverkehr zu beschäftigen, der im Gegensatz zu der alten Fahrrad-Leier barrierefrei und für alle Gesellschaftsschichten nutzbar ist. Dazu ein Vorschlag, den man natürlich sofort zerreden kann:
Wie wäre es denn, ein Fahrzeugsystem für den Nahverkehr aufzusetzen, das modular aufgebaut ist und das quasi in Echtzeit dem jeweiligen Bedarf angepasst werden kann. Es bedürfte dazu nur zweier Elemente: Kleine, beliebig kombinierbare Passagiereinheiten, die jeweils mit einem Stromabnehmer und einem Antriebsmotor ausgestattet sind und einem ebenfalls kleinen Steuerwagen, auf den man irgendwann sogar verzichten könnte, wenn die Fahrzeuge autonom, also ohne Fahrzeugführer, durch den Verkehr kommen. Folgende Aspekte, die für eine Modulare Tram sprechen, kann man in Betracht ziehen:
• Heutige Straßenbahnzüge sind tonnenschwere Stahlkolosse, die mit hohem Energieaufwand auch dann bewegt werden müssen, wenn nur drei, vier Fahrgäste an Bord sind („Warmlufttransporter“). Bei der Modularen Tram wird nur das Material bewegt, das für den Transport der Passagiere zum jeweiligen Zeitpunkt erforderlich ist.
• Die aktuellen Tramzüge sind, auch wenn sie Modellreihen der Hersteller entstammen, immer Einzelanfertigungen für eine Stadt. Das macht sie vergleichsweise teuer. Die Elemente der Modularen Tram sind Serienanfertigungen und daher sicherlich kostengünstiger herzustellen.
• Wird ein Tramzug – etwa bei einem Unfall – beschädigt, so fällt seine gesamte Transportkapazität für einen längeren Zeitraum aus. Bei der Modularen Tram muss nur das beschädigte Element in die Werkstatt, die restliche Transportkapazität steht weiter zur Verfügung.
• Transportkapazität kann flexibel zur Verfügung gestellt werden. Man stelle sich beispielsweise vor, dass nach einem FCA-Spiel bereits ein paar Dutzend Passagierelemente an der Stadionhaltestelle warten, die dann nur noch von einem Steuerwagen „abgeholt“ werden müssen. Denkbar ist natürlich auch der gegenteilige Fall: Ein Zug, dessen vollständige Kapazität nicht benötigt wird, lässt aktuell überflüssige Elemente einfach an der Endhaltestelle oder in Wendeschleifen zurück.
Natürlich ist das System „Modulare Tram“ nicht billig. Gerade aber die Präsentation und Projektierung im Rahmen einer IBA (an der sich auch Staat und Wirtschaft finanziell beteiligen) könnte Fremdmittel für ein lokales Projekt abrufbar und nutzbar machen. Wichtig wäre erst mal, den Zuschlag zu bekommen. Und da stehen die Chancen für eine innovative Idee vermutlich besser als für ein eher langweiliges Radwegeprojekt. Wie man eine ehemalige Gleistrasse zum Radweg macht, haben schließlich (siehe Weldenbahn) schon ein paar andere Kommunen vorgemacht.
Fortsetzung folgt.
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