ein heißer Winter steht bevor
Wenn es so weitergeht, steht Deutschland ein heißer Winter bevor. Nicht in geschlossenen Räumen. Denn dort werden die Temperaturen vermutlich wegen der ständig steigenden Energiepreise – vor allem beim Gas – bei vielen vermutlich um einige Grad abgesenkt werden.
Ob das die Belastung der Bürger mindern kann? Vermutlich nicht. Denn um – Vorsicht: Ironie! – notleidende Konzerne zu entlasten, hat die Ampel-Bundesregierung die sogenannte „Gasumlage“ beschlossen. Auch wenn Berechnungen derzeit noch spekulativ sind: Sie wird eine vierköpfige Familie mit Eigenheim in Bayern vermutlich mit mindestens 600 Euro im Jahr belasten. Und um wiederum die Familien zu entlasten, hat die Bundesregierung eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf den Gaspreis beschlossen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand heben sich die beiden Maßnahmen in etwa auf. Warum also der ganze Mist?
Vielleicht deshalb, weil die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ihre Richtlinienkompetenz– sollte sie denn jemals eine solche besessen haben – verloren hat. Und ihr Vertrauen bei den Bürgern verspielt. Es ist den Verantwortlichen in Berlin bisher nicht gelungen, ihre (immer erst nach schaurigem Gezänk getroffenen) Entscheidungen vernünftig zu begründen. Was ja vielleicht auch ganz und gar unmöglich ist. Scholz & Co. irrlichtern zwischen Gender-Gaga und Corona-Zickzack über ein politisches Schlachtfeld, in dem die Einschläge echter und vermeintlicher Katastrophenmeldungen im Minutentakt immer näher kommen: eine Regierung, getrieben von der Nachrichtenlage.
Eigentlich müsste das derzeitige Herumgeeiere der bundesrepublikanischen Führungskräfte ja eine Steilvorlage für die Opposition sein. Doch die präsentiert sich in ähnlich desolatem Zustand wie das Regierungslager. Die Linke zerfleischt sich in internen Grabenkämpfen. Und die Union? Bei den ehemals Konservativen hat Friedrich Merz mit Erreichen seines Lebensziels CDU-Vorsitz jegliche konstruktive Aktivität eingestellt und sonnt sich selbstzufrieden im Glanz der Erkenntnis, es seiner Intimfeindin Angela Merkel quasi postum doch noch einmal gezeigt zu haben. CSU-Söder und seine Bundestagsmannen schließlich scheinen sich vom Merz-Wahlschock noch nicht erholt zu haben, beackern frustriert ihr Bayernland und machen bundesweit nur durch gelegentliches, eigensinniges Störfeuer von sich reden.
Bliebe als Oppositionskraft noch die AfD. Doch dieser chaotische Haufen aus chronisch Unzufriedenen, rechten Zündlern und braunen Wirrköpfen profitiert zwar in einer Art Zwischenhoch von Ukrainekrieg, Inflation und Energiekrise, streitet sich auf lange Sicht aber dennoch erfreulicherweise selbst in die politische Bedeutungslosigkeit.
Beim Wahlvolk hat dies alles zusammengenommen eine Wirkung, wie ich sie in über 40 Jahren als Beobachter von Politik noch nie erlebt habe: Die Politikverdrossenheit breiter Schichten ist einem latenten Politikerhass gewichen, der im Internet und an den Stammtischen unverhohlen Platz greift.
In Internetforen und Gruppen der Sozialen Medien – sie müssen thematisch noch nicht einmal einschlägig sein – stößt man derzeit ständig auf Beiträge oder Kommentare, die vor ein paar Jahren vermutlich noch den Verfassungsschutz auf den Plan gerufen hätten. Vor allem ostdeutsche Autoren rufen da, geprägt von der Querdully-Propaganda aus Pandemiezeiten, nach einer Wiederbelebung der Montagsdemonstrationen, diesmal aber mit dem erklärten Ziel des Umsturzes und unverblümten Aufrufen zu Gewalt.
Alles in allem verheißt diese Entwicklung nichts Gutes, und fast zwangsläufig stolpert man gedanklich über Heinrich Heines „Nachtgedanken“, verfasst 1843 im Pariser Exil:
Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.
Man muss sich Sorgen machen um diese Republik und ihre freiheitlich-demokratische Grundordnung, an der gerade alle unheilvoll sägen: Die, die sie bekämpfen ebenso wie die, die vorgeben, sie zu verteidigen. Selbst denken ist das Gebot der Stunde – statt irgendwelchen Rattenfängern vom rechten oder linken Rand oder schlimmstenfalls sogar aus der Mitte des Parteienspektrums hinterherzulaufen. Gelassenheit ist erste Bürgerpflicht!
Fortsetzung folgt.
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